Ich betrat die kleine Zelle, Bobby drehte sich zu mir um. Ich reichte ihm ein Glas von meinen Whisky und er nahm mir ab und trank es mit einem Mal aus. Ich hatte Jahre gebraucht, bis er mir soweit übern Weg traute, dass ich ihm damit nicht reinlegen wollte. Was er nicht wusste war, das ich ihm schon vor einiger Zeit, damit etwas untergejubelt hatte. Etwas was nicht wirklich schön war, aber ich bin nun mal kein netter Kerl, war ich noch nie. „Wie geht es dir?“ fragte ich ihn aus Gewohnheit, es interessierte mich keineswegs. Und er wusste es auch und antwortete mir nicht. Sondern fragte gerade heraus was ich von ihm wollte. „Es ist an der Zeit.“ Seine Augen weiteten sich. „Ich habe es dir doch gesagt.“ Er nickte nur, als Antwort. Ich trat zur Seite und gab ihn ein Zeichen, das er an mir vorbeigehen sollte. Langsam, fast zögerlich trat Bobby aus seiner Zelle. Wir gingen an vielen schreienden Seelen vorbei und ich konnte sehen, dass Bobby im Gegenzug zu früher nicht mehr zusammenzuckte, wenn er die Schreie der anderen hörte. Das war ein gutes Zeichen. Ich hätte ihn auch gleich an die Oberfläche bringen können, aber es war nicht gut, wenn er wusste, dass ich von jedem Ort aus der Hölle konnte und kein wirkliches Tor brauchte. Jetzt nicht mehr. Ich brachte ihn zum nächsten Tor und gemeinsam, kamen wir auf der Erde an. Er sah an sich herunter. Prüfte ob noch alles an Ort und Stelle war. „Willkommen zurück im Leben!“ Wieder sah er mich nur an. Er sprach in letzter Zeit recht wenig mit mir. Das musste er auch nicht. Ich kannte ihn mehr als gut. Ich konnte ihn lesen wie es offenes Buch. „Ab jetzt bist du auf dich gestellt und vergiss nicht was ich dir gesagt habe.“ Er nickte, als Zeichen das er mich verstanden hatte. Ich schnippte einmal mit den Fingern und schon hatte ich Bobby, in die nächste mit Croaton verseuchten Stadt gezappt.
Es war eine lange Zeit, die Bobby in Crowleys Kerker verbrachte. Viele Jahre länger, als es Sam oder Dean auszuhalten hatten. Die Erinnerung an sie erschien ihm so fern. Es fühlte sich an, als habe er mehr Zeit hier unten verbracht, als mit ihnen zusammen auf der Erde. Manchmal vergaß er ihre Gesichter und oft dachte er lange nicht mehr an sie. So war es für ihn leichter. Zu Beginn hatten sie ihm die beiden oft gezeigt um ihn damit zu quälten ihnen beim Sterben zuzusehen wenn sie kamen um ihn zu befreien, oder um ihn dazu zu bringen selbst auf sie los zu gehen. Doch irgendwann verlor auch das seinen Schrecken. Er glaubte ihre Illusionen nicht mehr, reagierte nicht mehr darauf. Doch dass hieß nicht, dass das Schlimmste vorbei war. Sie ließen sich andere Dinge einfallen. Furchtbare, grausame Dinge. Er hatte sie so weit hinten in seinem Gedächtnis eingeschlossen, dass er sich nicht einmal mehr daran erinnerte. Bobby hätte mit diesem Wissen nicht weiter leben können und doch hätte Crowley ihn dazu gezwungen. Es war die einzige Möglichkeit hier unten dem Dämon die Kugeln aus der Waffe zu nehmen: alles zu erdulden und es dann wieder zu vergessen. Crowley war ein verdammter Hurensohn. Er hatte ihm gesagt, dass er seine Seele auf dem Weg nach oben abgefangen hatte. Und so wie es aussah interessierte diese Ungerechtigkeit niemanden, nicht im Himmel und auch nicht auf der Erde. Und wenn er brav mitspielte, würde er ihn irgendwann laufen lassen. Also gab Bobby ihm widerstrebend was er haben wollte. Er tat ihm nicht den Gefallen sich umdrehen zu lassen, aber er hörte auf sich zu widersetzen, verhielt sich passiv, wie eine Katze die von einem Hund erwischt wurde und sich nun tot stellte. Sie ließ sich ein wenig im Dreck herumrollen um nicht gebissen zu werden, aber wenn der Hund einen Moment nicht aufpasste, war sie weg. Als er zu ihm kam und ihm anbot ihn frei zu lassen, nahm Bobby ohne zu Zögern an. Wahrscheinlich war es nur ein weiterer Schachzug. Er nahm den angebotenen Drink. Den nahm er immer, denn er hatte das Gefühl ihn bereits mit all den Gemeinheiten, die er jeden Tag aufs neue ertrug, teuer bezahlt zu haben. Er folgte dem Dämon ohne Widerspruch, durchschritt das angebliche Portal und… fand sich zu seiner Überraschung in einer menschenleeren Kleinstadt wieder. Dieses Mal wirkte die Illusion täuschend echt. Es waren die Kleinigkeiten an denen er einen Betrug meist schnell erkannte. Das hier war gut gemacht! Er spürte den Wind auf seinem Gesicht. Als er nach unten blickte, entdeckte er einen dampfenden Gulli unter seinen Füßen, der einen abstoßenden Geruch verströmte. Und hinter ihm flatterte ein Werbebanner, das sich an einer Ecke gelöst hatte, an einer Hauswand. Nicht übel, gar nicht übel… Es gab schlimmere Ecken in der Hölle. Er machte einfach was Crowley von ihm verlangte, dann würde er schon sehen wohin ihn das führte.